Expertengespräch: Cloud ist in Deutschland rechtlich möglich


Dr. Markus Vogel von Microsoft kritisiert, dass Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern bei der Nutzung von Cloud-Lösungen im Gesundheitswesen zögerlich ist. Er betont, dass die rechtliche Basis für Cloud-Nutzung vorhanden ist und empfiehlt Krankenhäusern, sich für neue Technologien zu öffnen und Neugier für verfügbare Dienste zu entwickeln, um veraltete Denkweisen zu überwinden.

Ein Expertengespräch von Claudia Dirks

Wie ist denn die rechtliche Situation für Krankenhäuser in Deutschland hinsichtlich der Nutzung von Public Cloud?
Laut dem Ministerium und unter Beachtung der DSGVO gibt es keine Hindernisse für die Nutzung der Public Cloud in Deutschland. Die DSGVO gilt EU-weit, und während einige Länder Public Cloud Services problemlos nutzen, scheint es in Deutschland manchmal unmöglich. Als Arzt, nicht als Jurist, sehe ich, dass die unterschiedliche Interpretation Raum für eine andere Handhabung in Deutschland bietet. Denn mit dem Bundesdatenschutzgesetz und der DSGVO ist es heute möglich, Public Cloud Services auch im Gesundheitswesen zu nutzen.

Welche konkreten Hindernisse erleben Sie noch allzu oft bei der Implementierung?
Datenschutz scheint nicht mehr das Hauptproblem zu sein. Ein wichtiges Thema ist die Datenhoheit – also die Frage, wo die Daten genau liegen. Ob sie lokal gespeichert sind, nur in der Cloud, oder in einem Hybrid-System. Es geht auch um die Verfügbarkeit und die Sorge, was bei technischen Problemen passiert. Viele möchten volle Kontrolle über ihre Infrastruktur und scheuen davor zurück, ihren Speicher in einer Public Cloud zu haben. Eine Alternative könnte sein, den Speicher lokal zu behalten, aber Microservices oder Software-as-a-Service aus der Public Cloud zu nutzen.

Wie steht die Ärzteschaft zur Nutzung von Public-Cloud-Services?
Es gibt zwei Sichtweisen unter Ärzten. Einige begrüßen die Technologie, nutzen Public-Cloud-Services für eine effizientere Arbeit und teilen Ergebnisse sogar über private Geräte und E-Mails. Eine andere Gruppe sieht sich als Wächter der Korrektheit und übernimmt Argumente aus IT und Rechtswissenschaft, obwohl sie als Anwender oft nicht alle Details kennen.

Welche Rolle spielen Public-Cloud-Lösungen wie Spracherkennung schon heute im klinischen Alltag?
Public-Cloud-Lösungen, insbesondere Spracherkennung, sind im klinischen Alltag sehr nützlich. Sie sind schnell einsatzbereit und auf jedem klinischen Desktop in Deutschland mit Internetverbindung nutzbar. Es bietet sich an, mit Public-Cloud-Lösungen bei sich wiederholenden, zeitkritischen und hochvolumigen Dokumentationsaufgaben zu beginnen. Nutzer profitieren von serverseitigen Updates, die früher viel Aufwand für IT-Abteilungen bedeuteten.

Für wie wichtig erachten Sie die Verfügbarkeit von Cloud-Services?
Die Verfügbarkeit von Cloud-Services ist extrem wichtig. Im Vergleich zu Krankenhaus-Infrastrukturen, die wöchentlich Ausfallzeiten haben, bietet die Public Cloud eine nahezu ständige Betriebszeit. Die wahre Herausforderung liegt in der zuverlässigen Internetverbindung bis zur Cloud. Dies ist weniger ein Problem der Cloud-Nutzung, sondern vielmehr der Infrastruktur-Investitionen in Deutschland.

Welches Potenzial haben Cloud Services, die Art der Medizin zu verändern, wie wir sie heute kennen?
Das Potenzial liegt in der Vernetzung. Eine medizinische Cloud-Infrastruktur schafft ein Informationsnetz, das KI nutzen kann, um neue medizinische Erkenntnisse und Lösungen, insbesondere in der Prävention und personalisierten Medizin, zu generieren.

Gibt es in Deutschland einen Nachteil für Patienten in Bezug auf Nutzung von Cloud-Services im Gesundheitswesen.
Ja, deutsche Gesundheitssystemnutzer sind definitiv benachteiligt. Administrative Prozesse sind veraltet und ineffizient. Die Ineffizienz im System ist signifikant und bedarf einer dringenden Veränderung.

Welche Schritte sind Ihrer Meinung nach denn nötig, um die Akzeptanz und Verbreitung von Cloud-Lösungen im Gesundheitswesen weiter voranzutreiben oder überhaupt voranzutreiben?“
Der erste Schritt ist, sich dem Thema zu öffnen und nicht in Blockade-Gedanken zu verfallen. Man sollte sich über Prozesse und Use Cases Gedanken machen und die sofort umsetzbaren Möglichkeiten von Public Cloud-Lösungen erkunden.

Vielen Dank für das Gespräch.

THINK. ACT. HEALTH. Die Handlungsempfehlungen.
Öffnung für Cloud-Technologie: Medizinischem Personal zur Nutzung von Cloud-Services informieren und ermutigen.
Infrastruktur verbessern: Investition in bessere Internetverbindungen in Gesundheitseinrichtungen.
Vernetzung fördern: Aufbau einer medizinischen Cloud-Infrastruktur für effizienteren Datenaustausch und KI-Nutzung.
Administrative Prozesse modernisieren: Digitalisierung und Vereinfachung administrativer Abläufe im Gesundheitswesen.
Benutzerfreundliche Cloud-Lösungen: Einführung praktischer Cloud-Anwendungen, die den klinischen Alltag unterstützen.

Zur Person:
Dr. Markus Vogel, CMIO Nuance bei Microsoft, kombiniert seine medizinische Expertise mit technischem Wissen, um die Digitalisierung im Gesundheitswesen voranzutreiben. Mit Erfahrungen als Kinderarzt und Chefarzt sowie einem Hintergrund in Maschinenbau und Medizintechnik, zielt er darauf ab, Arbeitsprozesse im Gesundheitswesen durch Technologie zu verbessern.