Klare Richtlinien und finanzielle Unterstützung

Steven Kranz, Leiter für Medizinisch-Informationstechnologie bei Pro-Kliniken GmbH, betont die Bedeutung von Cloud-Services, insbesondere in der Spracherkennung, und fordert klare Richtlinien sowie finanzielle Unterstützung. Er sieht die Cloud als Schlüssel zur Bewältigung des Fachkräftemangels und zur Verbesserung der Patientenversorgung. Kranz appelliert an politische und industrielle Akteure, um Hürden für technologischen Fortschritt in Krankenhäusern zu überwinden.

Ein Expertengespräch von Claudia Dirks

Welche Berührungsängste hatten Sie mit dem Thema Cloud-Technologien?
Unsere Reise mit Cloud-Technologien begann mit der Einführung der Spracherkennung. Unsere Hauptbedenken betrafen Sicherheits- und Transparenzaspekte. Fragen wie ‚Wo befindet sich die Cloud?‘, ‚Wer betreut sie?‘, ‚Wie sicher sind meine Daten dort?‘ und ‚Sind die Daten jederzeit verfügbar?‘ standen im Raum. Diese Sicherheits- und Datenschutzfragen waren für uns die zentralen Herausforderungen bei der Einführung der Cloud-Technologien.

Zur Person:
Steven Kranz ist Projektmanager bei der PRO Klinik Holding GmbH am Universitätsklinikum Ruppin-Brandenburg (UKRB) in Neuruppin. Vor seiner Tätigkeit im Gesundheitswesen war er als Marinesoldat in der deutschen Marine tätig, wo er Erfahrungen als Administrator und Nutzer bei der Einführung von SAP HR sammelte.

Cloud-Technologien gelten als zukunftsweisend in der Gesundheitsbranche – auch aufgrund des Fachkräftemangels.
Im Krankenhaus spüren wir den Fachkräftemangel in allen Bereichen – auch in der IT. Ein Umdenken war notwendig. Für uns stand im Vordergrund, wie wir Ressourcen sparen und gleichzeitig die Kontrolle behalten können. Bei der Einführung der Spracherkennung hatten wir das Gefühl, am richtigen Ort mit dem richtigen Partner zu sein. So sind wir relativ unkompliziert in dieses Thema eingestiegen.

Welche Prozesse werden durch ihre Cloud-Spracherkennung abgedeckt? 
Ursprünglich für die Arztbriefschreibung gedacht, nutzen wir Spracherkennung jetzt auch für Konsultationsschreiben, umfangreiche Gutachten und zur Notizenerstellung. Erstaunlich war, wie gut das Projekt aufgenommen wurde – ein echter Selbstläufer. Es erforderte kaum Schulungen; die Nutzer übernehmen die Weiterbildung untereinander. Das macht es für uns zu einem großen Erfolgserlebnis.

Wie unterscheidet sich die Einführung aus der Cloud von einem klassischen IT-Projekt?
Normalerweise bauen meine Kollegen nach dem Kick-Off die Server auf, die Kollegen der Firewall geben die notwendigen Ports frei, und wir installieren die Software auf den einzelnen Rechnern. Bei diesem Projekt fiel der größte Teil dieser Arbeit weg. Mit dem bereitgestellten Paketierungsprogramm konnten wir viel Zeit bei der Serveraufstellung und den Testphasen sparen. Selbst die Hardware, also die Mikrofone, wurden sofort erkannt. Für den IT-Bereich bedeutete das insgesamt deutlich weniger Aufwand.

Wie verlief die Kommunikation im Vorfeld des Starts?
Wir suchten Key-User. Trotz anfänglicher Skepsis aufgrund früherer, weniger erfolgreicher Erfahrungen zeigten sie Interesse. Die Technologie hat sich in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt und die Testergebnisse waren überwältigend positiv. Die Nutzerregistrierung haben wir mit dem Active Directory (AD) verbunden, was es den Nutzern ermöglichte, sich selbst zu registrieren. Wir mussten lediglich die finale Freischaltung vornehmen. Auch hier konnten wir viel Zeit sparen.

Hätten Sie die personellen Kapazitäten gehabt, um die Spracherkennung auf traditionelle Weise einzuführen?
Eindeutig nein. Wir hätten andere Projekte, insbesondere im Rahmen des KHZGs, zurückstellen müssen.  Insofern sehen wir die Cloud und Software as a Service als eine wichtige Möglichkeit für die Zukunft der Krankenhaus-IT.

Welche weiteren Cloud-Services halten Sie für sinnvoll zur Verbesserung der Patientenversorgung und Krankenhausabläufe?
Wir sehen enormes Potenzial an verschiedenen Stellen. Es gibt allerdings noch Bedenken, beispielsweise bei der Frage, ob man ein Krankenhausinformationssystem (KIS) in die Cloud verlagern kann. Die Hauptsorge dabei ist die Verfügbarkeit der Patientendaten bei einem Netzwerkausfall. Trotzdem überlegen wir in vielen Bereichen, auf Cloud-Services umzusteigen, insbesondere um Server-Ressourcen zu sparen.

Allerdings ist in Deutschland die Einführung von Cloud-Lösungen im Gesundheitswesen nicht einfach. Datenschutz, Betriebsräte und die Bedürfnisse der Anwender spielen eine große Rolle. Jeder hält sich an seine eigenen Regeln, was die Umsetzung erschwert. Trotzdem sehen wir in der Cloud eine große Chance, vorausgesetzt, politische Hürden und aktuelle Regelungen werden angepasst.

Können Sie Ihre Wünsche an die Politik konkretisieren? 
Es wäre hilfreich, wenn es eine Art Zertifikat gäbe, das den Datenschutz bestätigt, ohne dass jede Einzelheit erneut überprüft werden muss. Des Weiteren wären Anpassungen in den Betriebsverfassungsgesetzen und Landesgesetzen wünschenswert, die derzeitige Implementierungen erschweren. 

Gibt es Bereiche, in denen auch Cloud Anbieter einen Beitrag zur Vereinfachung leisten können Zunächst einmal wäre ein einheitliches Datenschutzkonzept wünschenswert. Es sollte nicht von jeder Organisation individuell interpretiert und ausformuliert werden müssen. Ein Standard-Datenschutzkonzept würde Klarheit und eine einheitliche Linie schaffen.

In einigen Bereichen sind auch Hybridlösungen sinnvoll. Und wir benötigen auch eindeutige Backup-Lösungen und einen einheitlichen oder zumindest gut strukturierten Support, der für Krankenhäuser praktikabel ist.

Sehen Sie Cloud-Services als eine finanziell nachhaltigere Alternative im Vergleich zu klassischen IT-Projekten?
Die IT-Kosten sind in den letzten Jahren gestiegen. Im Rahmen des KHZGs sind zwar die Investitionskosten abgedeckt, jedoch nicht die Folgekosten. Aber, eine gute Patientenversorgung erfordert eine entsprechende Infrastruktur, was wiederum Investitionen voraussetzt. Das ist ein ständiger Kreislauf. Wir können nur investieren, wenn die nötigen Mittel vorhanden sind. Denn trotz des offensichtlichen Bedarfs und Potenzials von Cloud-Services ist es für uns derzeit schwierig, die notwendigen Investitionen zu tätigen. Wir hoffen auf klarere Richtlinien aus der Politik und finanzielle Unterstützung, um diesen Übergang zu bewältigen.